Skip to main content

One day in Bad Ragaz – Wassmer & Wasser

Auf den Kurztrip nach Bad Ragaz hatte ich mich schon seit Wochen gefreut, schliesslich hat mich Sven Wassmer mit seinen eigensinnigen Kreationen enorm beeindruckt, als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal in den Genuss eines seiner Menus kam.
Auf dem Programm meines 24-Stunden Besuchs im Grand Resort stand nicht nur ein Lunch im health- and lifestyle Restaurant «verve by sven» am Mittag, sondern auch einer im «Memories», dem wassmerischen Gourmet-Tempel, der schon lange ganz oben auf meiner Wunschliste stand.
Ausserdem sollte ich am nächsten Tag die Wasser Sommelière des Hotels treffen –  ich war total neugierig, denn natürlich ist Wasser nicht gleich Wasser, aber braucht es auf diesem Gebiet wirklich Sommeliers?

Jung und mutig

Es ist nicht mein erster Besuch hier, bereits im Sommer 2018 war ich auf einer Steppvisite im Grand Resort Bad Ragaz und fand es damals bereits beeindruckend, schliesslich verkörpert das Haus die typische Grandesse eines geschichtsträchtigen 5*-Hotels – und ich liebe es, wenn man die Geschichte eines Hauses spüren kann. Auf mich wirkte das Hotel zu der Zeit aber ehrlich gesagt auch etwas verstaubt.

Als ich letze Woche, im August 2020, einen ersten Rundgang machte, fühlte sich die Atmosphäre bereits beim Betreten des Resorts frischer, moderner und jünger an… was definitiv nicht nur mit dem veränderten Design seit dem Komplettumbau im vergangenen Jahr zu tun hatte (einige Bilder gibt’s in der Gallery zu sehen). Auch der Einzug der jungen Köche und ihrer Brigaden fegt seit einiger Zeit einen frischen Wind durchs Resort.
Silvio Germann ist erst 29 Jahre alt und bereits der Küchenchef in Andreas Caminadas IGNIV in Bad Ragaz (es ist das erste von heute vier Restaurants und feierte 2015 Eröffnung). Anfangs wurde das Sharing-Konzept von vielen Gastronomen kritisch beäugt, schliesslich ist es höchst ungewöhnlich, Essen auf solch einem Niveau zu teilen und viele waren sich sicher – Auszeichnungen zu erhalten würde schwierig werden.
Längst sind die Kritiker eines Besseren belehrt worden, denn heute schmücken das IGNIV Bad Ragaz, satte 17 Gault-Millau Punkte und zwei Sterne.

Sven Wassmer nennt, wie bereits erwähnt, gleich zwei Restaurants sein eigen. Er ist noch keine 35 Jahre alt und auch seine Küche entspricht nicht dem, was einen typischerweise in einem Grand Hotel erwarten würde. Bei Wassmer isst man nicht nur, man erlebt, was zu einem grossen Teil auch mit der Getränkebegleitung zu tun hat, dazu aber später.

In solch einem alteingesessenen Haus auf fast schon avantgardistische Küche zu setzen, finde ich mutig – und toll. Übrigens, wer doch lieber klassisch essen möchte, kann dies nach wie vor in einem der anderen vier Restaurants.

Wassmer: Vom Rüebli bis zum Rind – Produkte aus der Region

Was ich in der Spitzengastronomie oft vermisse, ist bei Sven Wassmer Programm. Er verwöhnt seine Gäste mit grossem Respekt vor Flora und Fauna. Austern und Hummer sucht man auf der Karte vergebens, im Memories wird die «Neue Schweizer Alpine Küche» gelebt. Man erfährt, wie der Bauer heisst, der den Herdöpfel geerntet hat und warum die speziellen Rinder aus der Gegend so klein bleiben. Man kommt in den Genuss von vielen natürlichen, bodenständigen Elementen, die einem so kredenzt werden, wie man sie vorher noch nie gekostet hat. Der Sellerie ist mit Arve garniert, also mit einer Art Tannennadeln und das Ganze schmeckt … spannend, köstlich – und weckt Erinnerungen an Spaziergänge in der Natur.

Spitzenküche geht auch ohne Alkohol!

Dass Svens Frau Amanda Bulgin-Wassmer, ihreszeichens ausgebildete Weinakademikerin, im Restaurant ebenfalls eine zentrale Rolle spielt, ist längst bekannt. Svens Kreationen in Kombination mit Amandas Weinauswahl sind ein Genuss, den ich jedem Foodie nahelegen möchte. Entweder harmonieren die beiden Komponenten nämlich perfekt oder aber, die Kombination aus Essen und Wein ist extrem spannend und ergibt etwas ganz Neues, oft Überraschendes.

Das Gourmet-Dinner im Memories muss jedoch nicht zwingend von Wein begleitet werden und wer schwanger ist oder schlicht keinen Alkohol trinkt, wird auch nicht mit Wasser oder einem einzelnen Getränk abgespiesen.
Wenn Gäste hier die alkoholfreie Begleitung buchen, bekommen sie aussergewöhnliche Tees, Kombuchas oder Shrubs, alle selbst rezeptiert und produziert, versteht sich. Amanda habe in ihrer Schwangerschaft begonnen, sich intensiv mit non-alkoholischen Getränken auseinanderzusetzen, daraus ist eine Leidenschaft entstanden und so tüfteln sie und ihr Team konstant an neuen Ideen, wie sich Weine durch andere Getränke so interpretieren lassen, dass sie an einen Sauvignon Blanc erinnern oder dieselben Tannine entwickeln wie ein bestimmter Rotwein, der das Entrecôte perfekt ergänzt.

In Grossbritannien oder Skandinavien sei es schon lange Usus, Gourmet-Dinners auch mit nicht-alkoholischen Getränken zu begleiten, erzählt Amanda, allerdings habe sie oft gestört, dass die Begleitung aus vielen Säften bestand, die zwar gut schmecken, aber auch sättigen und einen sehr intensiven Eigengeschmack haben. Amanda erzählt mir, wie sie und ihr Team darauf kommen, Tee aus Erdbeer- oder Kohlrabiblättern zu brauen und erklärt mir begeistert Herstellungsprozesse von Getränken wie Shrub, Fat Washed Apple oder Kombucha. Leider verstehe ich bald nur noch Bahnhof, denn die Verfahren sind sehr komplex und benötigen einiges an Fachwissen.

Als es dann losgeht mit dem Dinner, erhalten wir jeweils gleichzeitig zu jedem Gang einmal die Weinbegleitung und einmal das nicht-alkoholische Getränk. Mein Fazit: Ein unglaublich spannendes Erlebnis und auch wenn mir Amandas Kreationen sehr gut schmecken – ich würde trotzdem immer ihre Weinauswahl vorziehen.

Welches Wasser darf es denn sein?

An solch einem Abend kommt einiges an Wein zusammen, darum bin ich froh zu wissen, dass am nächsten Tag keine Wein-, sondern eine Wasser Degustation bei der Wasser Sommelière des Grand Resorts ansteht. Ich bin extrem gespannt, denn auch wenn ich grosse Geschmacksunterschiede feststelle, habe ich noch nie einen Profi über die verschiedenen Geschmäcker von Wasser sprechen gehört.
30 verschiedene Sorten hat Anke Scherrer im Haus, vier stille probieren wir zu Beginn. Das erste schmeckt komplett langweilig, das zweite relativ neutral, das dritte mag ich sehr gerne und das vierte möcht› ich echt nicht mehr trinken müssen – es hat einen unangenehm intensiven Eigengeschmack.

Noch interessanter wird es, als wir die einzelnen Wasser mit demselben Weisswein kombinieren. Sie schaffen es entweder, ihn im Geschmack zu unterstützen – zum Beispiel seine Frucht hervorzuheben -, oder aber sie «waschen» ihn komplett weg (was man bei einem guten Tropfen ja unbedingt vermeiden möchte). Das letzte Wasser, das ich vorhin schon nicht mochte, macht den Wein sogar extrem bitter! Nie hätte ich gedacht, dass Wasser solch einen Einfluss auf Wein haben kann und weiss nun auch, warum es absolut Sinn macht, eine Sommelière zu Rate zu ziehen.

Ich frage, zu welchen Weinen Frau Schärrer Mineralwasser mit-, und zu welchen sie Mineralwasser ohne Kohlensäure empfiehlt. Folgend ihre Faustregel:

  • Zu Weisswein  trinkt man am besten Wasser mit Kohlensäure.
  • Zu Rotwein trinkt man am besten Wasser ohne Kohlensäure.
  • Bei Champagner verzichtet man besser auf Kohlensäure im Wasser, da Schaumwein bereits genug davon hat.

San Pellegrino empfehle sie übrigens den Menschen, die international unterwegs seien und die nach einem «süffigen» bzw. «guten» Wasser fragen. Es schmecke den meisten, man bekomme es in sehr vielen Lokalen und es verändere die Weine praktisch nicht. Ihr ist dabei wichtig zu betonen, dass dies ihre persönliche Meinung sei und sie nicht etwa von Herstellern für positive Äusserungen bezahlt werde.

Wir erfahren noch viel mehr Spannendes, zum Beispiel warum Coca Cola in jedem Land ein wenig anders schmeckt. Dies habe zu einem grossen Teil mit der Beschaffenheit und somit mit dem Geschmack des jeweiligen Wassers zu tun. Auf dessen Geschmacksbasis müsse sogar immer wieder die Rezeptur angepasst werden.

Ich frage Anke Scherrer so lange Löcher in den Bauch, bis ich beinahe den Shuttle zum Zug verpasse. Das waren mal 24 Stunden! Ich habe viel Erlebt und erfahren und trotzdem bin ich froh, noch nicht ganz alles gesehen zu haben – der Spa hier soll grossartig sein und das «sharing is caring» Prinzip des IGNIV will ich unbedingt einmal erleben.

Was man sonst noch alles in der Region entdecken kann, erfährt man auf Heidiland.ch

Leave a Reply